FJORDRALLY NORWEGEN 2007

Ende Januar, wenn der „normale“ Motorradfahrer seine Maschine mit frischem Öl versorgt und am Batterieladegerät hängend unter einer Plane sicher in der Garage verstaut hat, habe ich mich - „bewaffnet“ mit einem Satz Spikes und entsprechender Bekleidung zur Fjordrallye nach Norwegen aufgemacht. Spaß pur kann ich nur sagen...


Flucht vor der globalen Erwärmung – oder im Winter mit dem Motorrad nach Norwegen!


Nachdem der immer softer ausfallende Winter dem Ganzjahresfahrer immer seltener die Freude einer Fahrt im Schnee bietet, müssen neue Herausforderungen für die dunkle Jahreszeit gefunden werden. Lange Suchen brauche ich nicht, denn auf der Webseite der Fjordrally (www.fjordrally.de) finde ich schnell, was ich suche: Motorradfahren im Winter, mit Spikes, in grandioser Landschaft, bei extremen klimatischen Bedingungen und ein paar Gleichgesinnte, die auch nicht auf die Idee kommen ihre Maschinen über den Winter unter einer Decke zu verstecken.


Noch habe ich die Erinnerungen von meiner Wintertour nach Syrien 2005 nicht ganz aus dem Kopf verbannen können und entsprechend sorgfältig und umfangreich nehme ich die Vorbereitungen für dieses Abenteuer in Angriff. Habe ich auf dem Weg nach Syrien noch bitterlich gefroren, lasse ich mir diesmal drei verschiedene Bekleidungssysteme zusammenstellen. Neben dem klassischen Zwiebelprinzip (speziell zusammengestellt von RUKKA) sind auch eine Thermokombi (von Motoport) und ein kompletter Satz Heizbekleidung (von Sonhart) mit dabei. Das Motorrad bleibt wie es ist, nur etwas dünneres Öl kommt in den Motor und ein Satz Lenkerstulpen wird verbaut. Die Reifen benötigen da schon mehr Aufmerksamkeit. Am Anfang werden wohl die Stollenreifen (TKC80) reichen, die ich dann mit Schneeketten ergänzen möchte. Wenn das nicht mehr hilft müssen Spikes drauf. Es folgt ein langes Telefonat mit Wolfgang Butzner vom Metzeler Rennservice und zwei Wochen später liegen zwei Satz Spikes genau nach meinen Vorstellungen zusammengeschraubt auf dem Tisch. Wolfgang hat gleich noch einen Satz Mousse als Schlauchersatz beigelegt – nicht dass die Spikes durch den Reifen drücken und ich bei tiefen Minusgraden einen Reifen flicken muss. Fotoausrüstung, warme Unterwäsche, Winterstiefel, Daunenjacke, Schlafsack – ohje, da schleift die Maschine ja mit dem Motor am Boden entlang. Nicht ganz, denn Norbert Vander, ein bekannter Filmemacher ist mit dabei und da er schlecht mit seinem Kameramann und der Ausrüstung auf ein Motorrad passt, darf er ausnahmsweise mit einem T5 Camper mitfahren. Und schon stapeln sich meine Ortliebtaschen, Reifen, Werkzeug und Ersatzhelm auf seinem ganzen Filmequipment im Bus und der ist es nun, der schweren Tiefgang auf der Straße hat.


Aufgeregt bin ich ja schon, als es Montag morgens von Hamburg aus los geht. Die Wintersonne scheint, es ist angenehm kühl und zügig geht es in Richtung Kiel, wo die „Kronprinz Harald“ der Colourline darauf wartet mich nach Oslo zu bringen. Nach einigen Problemen mit einem Prototyp an der Maschine holen wir kurz vor Kiel die dort deponierten Pokale für die Fjordrally ab, finden für diese mit einiger Mühe noch ein kleines Plätzchen in meinem Begleitfahrzeug und sind recht früh am Norwegen Kai. Dort fahre ich einige Male für die Filmaufnahmen hin und her und irgendwann steht dann die Maschine im Bauch des Schiffes und ich schleppe mein ganzes Gepäck durch die schmalen Gänge der Fähre in mein Zimmer. Die Pressestelle der Colourline hat dankenswerter Weise eine Kabine mit Fenster für mich reserviert und so kann ich genüsslich vom Bett aus auf die kleiner werdende Küstenlinie blicken.


So langsam steigt die Spannung, das bekannte Kribbeln im Bauch hat mich voll erfasst, diese Erwartung auf das Unbekannte, die wartenden Abenteuer und Herausforderungen – dieses Gefühl, für das ich das Motorradreisen so liebe. Schade nur, dass mein Schatz Corinna diesmal lieber zu Hause geblieben ist. Der Respekt vor der Kälte war größer als die Reiselust.


Ich blicke aus dem Fenster; die Landschaft die langsam am Schiffsfenster vorbeizieht ist schneebedeckt, es sieht kalt aus. Schnell sind meine Sachen wieder im TV Bus verstaut und angespannt warte ich auf der Maschine, bis ich endlich aus dem Bauch der Fähre fahren darf. Sind die Straßen in Oslo schneefrei? Komme ich mit den Stollenreifen überhaupt aus der Stadt, oder muss ich gleich am Fähranleger die Spikes aufziehen? Ich entspanne mich, bis auf einen kleinen Schneehaufen ist der Fähranleger schneefrei und auch die Straßen in Oslo sind bestens befahrbar. Frohen Mutes mache ich mich auf den Weg gen Norden. Die freie aber nasse Straße und vor allem die Schneeränder am Straßenrand mahnen zur Vorsicht. Die Temperatur ist mit ca. –8 Grad wunderbar erträglich und die Heizgriffe unter den Lenkerstulpen sorgen für mollig warme Hände. Leider scheint die Griffheizung sich nicht mit dem auf vielen tausend Kilometern unter dem Gasgriff angesammelten Staub zu vertragen und so bleibt mein Gas irgendwann, kurz vor einer Kurve, auf Vollgas hängen. Der Motor knallt in den Drehzahlbegrenzer und ich kann mich mit gezogener Kupplung und Notaus gerade noch vor der Kurve retten. Nachdem der Puls sich wieder beruhigt hat, baue ich den Gasgriff auseinander und wieder zusammen: Geht wieder. Ein mulmiges Gefühl bleibt natürlich und die Griffheizung wird nur noch in Stufe eins verwendet. Höchste Aufmerksamkeit ist gefordert, denn ich habe inzwischen nur noch zwei dünne, eisfreie Fahrspuren auf der Straße zur Verfügung. Jeder kleine Fehler kann nun den Abflug bedeuten, denn auf Eis haben die Stollen keine Haftung und Schneeketten würden bei diesen Bedingungen das Problem nicht verringern sondern eher vergrößern. Merklich wird es kälter und das Thermometer sinkt auf satt –15 Grad. Ich halte an um mein RUKKA Zwiebelprinzip um eine weitere technische Errungenschaft zu erweitern. Über den Windstopper ziehe ich eine aufblasbare Jacke, die ein zusätzliches Wärmepolster bietet. Wo ich schon mal stehe, wechsle ich auch gleich die Reifen, da die letzten Kilometer nur im Schritttempo auf der Eisdecke zu fahren waren. Beim Reifenwechsel wird mir warm, aber trotzdem verbinde ich nun auch die Heizhandschuhe mit dem Bordnetz, da die Griffheizung ja mein Vertrauen verspielt hat. 


Es knirscht und rappelt gewaltig, als ich mit den Spikereifen losfahre. Ein komisches Gefühl, das durch den geringen Luftdruck den die Mousse simulieren noch verstärkt wird. Schnell weicht die Vorsicht dem Vergnügen. Ich habe Grip und nachdem der Kopf verstanden hat, dass die Reifen funktionieren klappt auch das Fahren auf der eisgepanzerten Straße wie am Schnürchen. Ein breites Grinsen macht sich unter meinem Schuberth S1 Helm breit. Welch eine Wonne! Die Landschaft ist tief verschneit, wilde Eiszapfen hängen an den Felsen neben der Straße. Ein Elch steht an einem zugefrorenen Fluß und blickt ungläubig herüber, die tiefe Sonne taucht dies alles in ein warmes, rötliches Licht – ich fahre mitten durch ein Wintermärchen. Die Höchstgeschwindigkeit in Norwegen liegt bei 90km/h und die schaffe ich mit den Spikes locker – immer eine lange Schneefahne hinter mir her ziehend. Es dämmert früh und wir finden in Fargenes ein schönes Appartement in einem Holzhaus. Direkt neben uns wohnen Shorty, Andrea und Roger. Alle drei sind auch auf dem Weg zur Fjordrally. Ein dicker Burger und ein großes Bier beschließen den ersten Tag und mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht liege ich bald erschöpft in meiner karierten Bettwäsche. 


Viel zu früh weckt mich Norbert der Regiseur. Er hat viel vor und will früh los, außerdem wissen wir noch nicht, ob es der VW Bus ohne Schneeketten den völlig verschneiten Berg zur Straße hinauf schaffen wird. Nur ungern verlasse ich die mollige Wärme meines Bettes, gönne mir eine kurze Katzenwäsche und steige in die Thermounterwäsche. Ein Blick nach draußen verheißt nichts Gutes: Es schneit! Schnell sind die Sachen wieder im Bus und auf der Maschine verstaut und ich warte an der Straße auf den Bus, der sich wild schlingernd den Berg hinauf kämpft. An der Tankstelle gibt es erstmal einen Kaffee und dann machen wir uns auf den Weg. Die Straße ist, dank der Spikes, super griffig zu fahren und auch der Schneefall lässt bald nach. Trotzdem wird der Schneebelag auf der Straße immer dicker, je höher wir auf den Fjell gelangen. Selbst mit den Spikes werden Kurvenfahrten nun fast automatisch zu netten Drifts, die je nach Tempo und Straßenzustand mal mehr und mal weniger heftig ausfallen. Wer hätte gedacht, dass man bei fast –8 Grad doch noch in’s Schwitzen kommt. Der starke Wind auf dem Fjell treibt den Schnee in langen Fahnen über die Ebenen und dank der hohen Schneewände links und rechts landet er meist genau auf meinem Helm. Die Sicht wird immer schlechter und als Orientierungen dienen im White Out nur noch die langen Stangen, die die Fahrbahn begrenzen. Lange, schnelle Geraden wechseln sich mit engen Serpentinen und Kurvenkombinationen ab. So kommen alle Sinne und Muskeln auf ihre Kosten und viel zu schnell ist die Fahrt über das Fjell beendet. Direkt hinter meinem Begleitbus wird der Pass von der Polizei wegen Schneeverwehungen geschlossen... Kaum wieder unten im Tal ist es vorbei mit dem Schneespaß und die Spikes greifen nur noch auf Asphalt. Schade, den das Fahren mit Spikes auf dem Asphalt gleicht einem Eiertanz, obwohl ich eine unbespikte Mittelstollenreihe habe, die wenigstens für ein bischen Haftung sorgt. Mein Prototyp sorgt wieder mal für eine Zwangspause und bei der nächsten Tankstelle wird noch mal vollgetankt und der Flüssigkeits- und Nährstoffhaushalt mittels Kaffee, Cola und HotDog wieder in Ordnung gebracht. Eine kurze Fährfahrt über den Ardalsfjord begeistert mit einer wirklich imposanten Kulisse, aber die Zeit drängt, nicht mehr lange bis zur Dämmerung und wir müssen heute den Treffpunkt der Fjordrally in Jostedal erreichen. Gut 100km warten noch auf uns. Endlich, die Sonne ist längst hinter den hohen Bergen verschwunden, der Abzweig zum Jostedal Hotel – noch 30km. Ich lasse die Spikes fliegen. Auf der Maschine stehend mache ich das Gas auf und fahre wie im Rausch das Tal hinauf. Längst ist der Bus hinter meiner langen Schneefahne in der Dämmerung verschwunden. Ich bin eins mit der Maschine und den Elementen. Einfach unbeschreiblich, mit hohem Tempo über die völlig vereiste Straße, an einem gefrorenen Fluß entlang, vorbei an monumentalen Eiszapfen und kleinen Ortschaften zu fahren. Die Maschine nur gesteuert durch kleine Gewichtsverlagerungen und Bewegungen, Schnee rieselt von den Bäumen auf meinen Helm...ich könnte ewig so weiterfahren. Geht aber nicht, denn die Straße endet vor einem Schneeberg. Und das Hotel? Da bin ich wohl in der Euphorie einfach dran vorbei gerauscht. Norbert hat auch ein bisschen die Orientierung verloren als er eine viertel Stunde später am Straßenende ankommt. Auch er grinst breit – der VW Bus kann ganz schön um die Kurven driften. Ich drehe und lasse es wieder laufen – fast wäre ich wieder am Hotelschild vorbei gefahren, fast. Die ganze Fjordrallymannschaft steht auf der Terrasse und wir werden erstmal mit großem Hallo und einem Glas Bier begrüßt. Breites Grinsen überall und jeder hat eine Menge zu erzählen. Ein leckeres und extrem reichhaltiges Essen stärkt uns für den Abend: Viel Bier, viel Gelächter, viele Bilder und Geschichten. Eine super Truppe, die sich hier oben in Norwegen eingefunden hat – lauter Pfundskerle und sogar ein Pfundsmädel...


Der späte Sonnenaufgang in Norwegen im Winter kommt meinem Naturell als Langschläfer sehr gelegen – entspannt treffen wir uns alle um 9:00 zum Frühstück, aber letztendlich ist es schon fast 11:00 als wir endlich alle Maschinen am Laufen haben und uns auf den Weg machen. Ein kleiner Abstecher zum Ende des Tales steht an und es wird ein lustiger Abstecher mit vielem hin und her fahren für den Kameramann. Dann erobern wir eine kleine Ortschaft mit einer extrem steilen und spiegelglatten Dorfstraße. Wir kommen locker durch, der Kamerabus bleibt mittendrin stecken. Norbert führt Regie aus dem bestens geheizten Bus, während Carlos, sein Kameramann sich mit den Schneeketten abschuftet. Leider erfolglos. Gemeinsam machen wir den Bus wieder flott und so erreicht auch das Kamerateam gut gelaunt gegen Nachmittag wieder unser Hotel. Der eine oder andere hat schon so seine Kontakte mit dem Schnee auf und neben der Straße gehabt, aber alles ist glimpflich abgegangen und Schmerzen haben wir alle eher vom vielen Lachen als vom Stürzen. Kaum wieder am Hotel wird der Ausflug erstmal mit einem „Draußenbier“ gefeiert. Der inzwischen einsetzende Schneefall kann uns auch von weiteren Bieren und „Feiglingen“ nicht abhalten, denn wir sind ja schließlich die Teilnehmer der „Härtesten Winterrally der Welt“. Ich spendiere den zweiten Satz Spikereifen an Rüdi und Maddin, die sich auch gleich an die Montage machen. Rüdi hat es besonders schwer, da wir seine aufgebockte XT 500 zeitgleich zur Hausbar umgebaut haben – er darf also keine ruckhaften Bewegungen machen, sonst fällt das Bier von der Sitzbank. Maddin kämpft mit ganz eigenen Probleme, so sucht er erst erfolglos die „Moniereisen“ und muss sich schließlich von Andrea beim einfädeln in’s Loch helfen lassen, was zumindest auf den Fotos einen sehr zweideutigen Eindruck hinterlässt. Bestens gelaunt treffen wir uns kurz darauf zum wieder sensationell leckeren Abendessen und der Abend gleicht dem vorherigen (ich glaube ja, er wahr noch lustiger) – schließlich haben wir jetzt gemeinsam eine Menge lustiger Sachen erlebt und können auch gleich die ersten Videoaufnahmen des Tages von Tom auf dem Fernseher belachen.


Tauwetter und Regen erwartet uns am nächsten Morgen, was die Hälfte der Truppe als Ausrede nutzt um nicht auf die Maschinen steigen zu müssen – es gibt da noch eine andere Theorie, die mit dem gestrigen Abend und diversen, hochprozentigen Getränken zu tun hat...

Die „ganz Harten“ verpacken sich wieder in ihre Kombis und starten die Maschinen. Der erste Spielplatz ist bald gefunden: Ein kleiner, tief verschneiter Feldweg mit einer Tiefen Spur – nix wie rein da. Schon liegen die ersten im Schnee und werden vom Rest der Truppe wieder ausgegraben. Maddin gräbt seine treue „Marie“ bis zur Achse im Schnee fest, ich eile mit meiner Dicken zur Hilfe und stecke gleich selber bis über die Achse im Schnee. Da nehmen wir doch erstmal auf einer Schneewand platz und betrachten das Schauspiel bei einer Zigarette. Mit vereinten Kräften bekommen wir alle Maschinen wieder auf festen Untergrund und gönnen uns ein paar traumhafte Kilometer neben drohenden Eiszapfen und tiefen Abgründen. Einfach nur herrlich!

Beim Draußenbier ist die ganze Mannschaft wieder vereint und die Daheimgebliebenen müssen erstmal unsere Berichte über sich ergehen lassen. Popi und Tom haben schon die Siegerehrung vorbereitet und gespannt sitzen wir in unseren Sesseln. Wer wird einen der begehrten Pokale bekommen? Der erste geht an Andrea als einzige Frau im Bund, mit tosendem Applaus bezeugen wir unsere Hochachtung und ringen ihr in ihrer Euphorie auch gleich das Versprechen ab, im nächsten Jahr wieder mit dabei zu sein. Der nächste Pokal geht an mich, als Spender der Spikereifen. Der heiß umkämpfteste Pokal ist der für die meisten Stürze: Ein hartes Kopf an Kopf Rennen zwischen Maddin und Hans. Hans gewinnt mit ca. 100 Stürzen Vorsprung. Was kein Wunder ist, denn Hans ist mit einer Honda 4 Zylinder Straßenmaschine unterwegs und hat seine ganz eigene Art zu bremsen entwickelt. Nur gut, dass es hier immer einen großen, meist weichen Schneehaufen an der Straße gibt. Zur Feier des Tages tischt die Hotelchefin frischen Lachs auf. Der ist so lecker, dass bestimmt 5 komplette Tiere in unseren Mägen verschwinden. Zur Verdauung und zur Feier des letzten Abends kommt dann wieder eine Menge Bier dazu, das Norbert als Dank für die Wiederflottmachung des Buses am Steilweg spendiert (ich glaube ja, dass ein Abtransport per Hubschrauber für ihn günstiger gewesen wäre, bei den Bierpreisen hier in Norwegen). Auch die Bewohner der umliegenden Dörfer treffen sich heute in unserem Hotel und wir zeigen gleich stolz das Foto von uns in der lokalen Zeitung herum. Wir sind definitiv die lokalen Helden des heutigen Tages (und die einzige Attraktion seit Wochen in dieser Gegend).


Früh starten die meisten Teilnehmer am nächsten Morgen gen Oslo, den sie haben sich für die Rückfahrt zur Fähre nur eine Übernachtung eingeplant. Maddin, Rüdi und ich haben da mehr Zeit, denn wir haben zwei Tage einkalkuliert. Entsprechend entspannt packen wir unsere Sachen, müssen aber leider den Plan die 50 zu fahren ändern, denn das Fjell ist gesperrt. Kaum haben wir das Ende des Tales erreicht, verabschieden sich Norbert und Carlos von uns. Da gab es wohl ein kleines Missverständnis zwischen seinen Wünschen für den Film und mir. Nun stehe ich mit meinen ganzen Haufen Gepäck an einer Tankstelle und wir rauchen erstmal eine. Immerhin lädt er meinen Felgensatz mit den Stollenreifen erst kurz vor Oslo bei einem Reifenhändler ab, so muss ich den nicht auch noch mit mir rumschleppen. Nach einem Kaffee geht es entspannt und ohne VW Bus im Nacken weiter und schon stecken wir mitten im Schneesturm auf dem Fjell. Fast unwirklich präsentiert sich hier die Natur und wir kommen uns vor wie Astronauten auf einem wilden, fremden Planeten. Gegen Abend kommt die Sonne raus und wir machen uns auf die Suche nach einer gemütlichen Hütte. Es wird bitterkalt und wir folgen einem Abzweig in Richtung Hütten & Campingplatz. Kein Mensch zu sehen hier und absteigen geht nicht, denn die Straße ist eine einzige Eisfläche. Wir düsen (oder eiern) einen steilen Weg hinauf, sind superfroh dort heil angekommen zu sein um dann zu erfahren, dass dort keine Hütten mehr frei sind. Also wieder runter. Unten wurde die Wärterin des Campingplatzes telefonisch informiert. Ich stelle die Maschine vor ihrem Haus ab und lasse mich vom Wind über’s Eis zu ihrer Haustüre treiben. Schnell sind wir uns einig und ich versuche wieder zu und auf meine Maschine zu kommen. Kaum sitze ich wieder im Sattel braucht Rüdi Hilfe: Er steht auf der Eispiste, 1. Gang, Standgas, das Hinterrad dreht sich, aber die Maschine bewegt sich nicht. Tja, die Idee mit OBI Schrauben als Stollenersatz war wohl doch nicht der Weisheit letzter Schluß. Ich helfe ihm und kämpfe mich dann erneut über’s Eis auf die Maschine. Ab zur Hütte. Die ist zwar nicht beheizt, aber wir bekommen sie recht schnell warm. Rudi macht Abendessen und ein lustiger Männerabend nimmt seinen Lauf.


Das Wetter spielt Katz und Maus mit uns. Wurden wir beim Aufstehen noch von der Sonne verwöhnt, beginnt es kurz darauf heftigst zu schneien. Entsprechend gemütlich packen wir unsere Sachen wieder auf die Maschinen und machen uns auf den Weg in Richtung Oslo. Wir haben unterschiedliche Routenideen, kommen aber dank des Tauwetters nicht so richtig vorwärts. Auf dem nassen Asphalt hat man mit den Spikereifen ein sehr schwammiges, unsicheres Gefühl und man fährt wie auf rohen Eiern. Nicht sehr spaßig, aber die normalen Reifen liegen bei einem Reifenhändler 50km vor Oslo und bis dahin müssen wir uns eben weiter quälen. Aus den geplanten Abstechern wird aus Zeitgründen nichts. Es dämmert schon wieder und dank meiner Nachtblindheit müssen wir uns schleunigst in Richtung einer Unterkunft bewegen. Selbst Rudi müssen Maddin und ich zurück lassen, als er beschließt den Vorderreifen auszutauschen. Wir helfen ihm noch die XT so auf einem Schneehaufen zu platzieren, dass er gut an den Reifen kommt und dann fahren wir weiter. Kein schönes Gefühl, einen Gefährten dort mit seinem Problem alleine zu lassen, aber die Alternative würde fahren in der Dunkelheit bedeuten und das geht bei mir leider nicht mehr. Völlig durchgefroren erreichen Maddin und ich Henefoss und finden auch gleich ein Motel. Wir machen ein Zimmer klar, packen die Maschinen ab und trinken schon ein Bierchen, als Rudi zur Tür herein kommt. Nun sind wir wieder zusammen und gönnen uns einen großen Hamburger im nahen Restaurant. Das Bier, das Martin später von der Tankstelle holt ist alkoholfrei und das Restaurant hat schon zu... na ja, sind wir morgen wenigstens ausgeschlafen. Rudi baut sein Klappbett genau zwischen die Betten von Martin und mir – ob er da so gut schlafen wird? Maddin und ich schlafen auf jeden Fall prächtig und nach einem flotten Reifenwechsel an der Tankstelle sind wir alle wieder mit normalen Reifen unterwegs. Ohne Probleme finden wir den Fähranleger der Colorline, nur ich habe ein paar kleine Probleme beim Einchecken, da Norbert die Buchung für sich hat ändern lassen (er war ja einen Tag früher als geplant auf der Fähre). Aber auch das lässt sich lösen und schon sind die Mopeds fest verzurrt, die Kabinen bezogen und wir lassen den Tag bei einem verträumten Blick auf das Meer und einigen Bierchen in der Schiffsbar ausklingen.


Und wie zum Hohn rauschen wir auf der Heimfahrt in Deutschland noch zweimal in einen Schneesturm – leider nie lange genug um an einer Tankstelle schnell wieder auf Spikes zu wechseln... Spaß hat es gemacht und wir haben schon die wildesten Pläne für’s nächste Jahr – lasst euch überraschen!